Alan N. Shapiro, Hypermodernism, Hyperreality, Posthumanism

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Die Philosophie meiner Gestaltung, von Daniel Rauch

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Was bedeutet Philosophie und was bedeutet sie für mich? Philosophie setzt sich mit den grundlegenden Fragen und Strukturen des Lebens und des Dasein auseinander. Des Daseins des Menschen. Ich habe mich nie intensiv mit den großen Philosophen und Denkern auseinandergesetzt, obwohl mir ein Großteil der Namen und ein paar Ansätze ihrer Theorien durchaus geläufig waren. Vielmehr habe ich mich aber mit mir selbst auseinandergesetzt. Viele Menschen stellen sich diese existentiellen Fragen nie. Womöglich auch aus Angst. Denn viele Fragen können nicht beantwortet werden und die Antworten, die es gibt können genau so niederschmetternd sein. Also warum mit Philosophen beschäftigen, die brauch man doch eh nicht. Aber wenn ich mich mit meiner persönlichen Existenz beschäftige, dann habe ich das Gefühl mehr über mich und andere zu erfahren. Mich in dieser Welt einzuordnen und meine Position darin zu finden.

Ich habe sehr früh gewusst, dass ich Gestalter werden wollte. Das war so klar für mich, dass es keine Alternative gab. Keinen Plan B, ich war mir sicher, dass alles so funktionieren würde. Und das hat es bis heute auch. Ich bin ein kreativer Mensch und darin sehe ich auch einen Sinn in meinem Leben. Ich habe Kreativität nie gelernt und es kostet mich auch wenig Anstrengung kreativ zu sein. Die Möglichkeit als Mensch, etwas aus mir heraus zu schaffen, praktisch, aus dem Nichts etwas entstehen lassen zu können, das hat mich immer und bis heute fasziniert. Und so habe ich mir bewusst Gedanken gemacht, was ich gestalte und kreiere.

Da setzt nun der zweite Aspekt ein, der mir Kraft und Motivation gibt. Ich gestalte nicht irgendetwas, sondern etwas sinnvolles. Ich setze mich bewusst mit meiner Umwelt auseinander, beobachte sie mit sehr viel Aufmerksamkeit. Das tue ich sehr bedacht und unauffällig. Behalte alle meine Beobachtungen in mir und lasse das alles reifen, bis ganz von selbst eine Idee entsteht. Diese Idee entwickelt sich und wird dann auf einem Blatt Papier in einer groben Skizze oder durch geschriebene Wörter erstmals real. Ich bin sehr dankbar dafür, dass sich diese Gabe so entwickelt hat, denn das gibt mir die Energie und meinen persönlichen Sinn im Leben. Manchmal denke ich mir, wenn ich nichts habe, niemanden um mich herum und selbst wenn ich in der Ferne, in einem verschlossenem Raum sitzen würde, dann habe ich dennoch meine Kreativität und meine Ideen, die ich entwickeln kann. Das spannende ist, dass ich durch die Formen, Visionen und Produkte, die ich schaffe und darstelle meine Denkweise und vielleicht meine persönliche Philosophie in eine sichtbare, objekthafte, Sprache umsetzen kann. Diese Sprache ist manchmal offensichtlich, manchmal subtil, oft kann diese Sprache nur von anderen Gestaltern gelesen und verstanden werden. Das lässt sich auch gut auf die Philosophie übertragen, auch dort gibt es unterschiedliche Wahrnehmungsebenen, die Offensichtlichen, die auch ich verstehe, aber auch die tiefen Ebenen, die nur verstanden werden können, wenn man sich auch selbst intensiv mit ihr beschäftigt hat, oder gar ein Philosoph ist.

So wie mir noch die Tiefe der Philosophie verborgen geblieben ist, so bleibt anderen die Tiefe der Gestaltung verborgen. Aber je mehr ich mich mit der Materie auseinandersetze, Ansätze und Theorien höre und zunächst in Form der Vorlesungen als einfachere Zusammenfassungen kennenlerne, desto mehr fasziniert es und beschäftigt es mich.

Als Gestalter bin ich auf der Suche nach meiner eigenen Philosophie, nach meiner Handschrift, dies geschieht in den meisten Fällen automatisch, wenn man rückblickend seine Arbeiten und Projekte betrachtet, oder wenn andere Gestalter einen darauf aufmerksam machen.

In der Philosophie teilt man vielleicht Ansichten und Meinungen mit bestimmten Personen, die ihre Ansicht in Form ihrer Werke niedergeschrieben haben. Dennoch bin ich der Auffassung, dass es viele Menschen gibt, besonders im kreativen Bereich, die sich zu sehr an anderen anlehnen.

Auf die Fragen, was ihre persönliche Lebensphilosophie sei, können sie nicht mit ihren eigenen Vorstellungen und Gedanken antworten, sondern zitieren immer nur andere große Denker. In der Gestaltung ist es ähnlich. Es ist um ein vielfaches einfacher, die Gestaltung anderer zu übernehmen, leicht abzuwandeln und dann als seine eigene darzustellen. Das Problem, dass ich dabei sehe ist allerdings, dass diese Werke, nie die Tiefe und den persönlichen Charakter widerspiegeln können. Und daraus kann sich meiner Meinung nach auch kein wirklicher Stolz entwickeln.

Wenn ich als Gestalter mit dem Anspruch etwas Neues, Anderes als das Bisherige gestalten will, dann ist meine Energie und Motivation, um ein vielfaches höher. Dabei möchte ich auch auf die Utopie Bezug nehmen. Die Fähigkeit, Gedankenkonstrukte zu entwickeln und zu entwerfen, die vielleicht niemals physisch odr funktionell umgesetzt werden können, aber durch das Artikulieren oder des Aufzeichnens und Visualisierens wird dieser Gedanke schon real. Und wenn solche Utopien in Wort, Bild, Film oder Kunstwerken real werden, dann ist der Schritt, diese Ideen irgendwann zum Alltag der Menschen werden zu lassen nicht mehr ganz so unrealistisch.

Ich habe mich mit den 11 Fragen, die Sie, Alan, zusammengefasst haben beschäftigt. Mit der einen mehr, mit der anderen weniger. Genau wie sich einige Philosophen mehr mit dem einen als mit dem anderen Thema auseinandergesetzt haben.

So Absurd die Welt auch ist, wie Albert Camus sagt, so seltsam und sinnlos wie sie einem manchmal erscheint, wenn man das Verhalten und die Taten der Menschen um einen herum betrachtet so spannend ist es aber auch, sich damit zu beschäftigen, um dadurch wieder Rückschlüsse auf sein eigenes Verhalten und seine Position in dieser Welt zu ziehen.

Auf die Frage, die Sie uns gestellt haben, eine sehr existentielle.

Warum stehen Sie jeden morgen auf und was ist Ihre Motivation für den kommenden Tag?

Darauf möchte ich mit meinem Text eine Antwort geben.

Hauptsächlich, weil ich einen Sinn für mich gefunden habe, der mich antreibt, Energie und Motivation gibt. Der mich täglich daran erinnert, was durch meine Ideen möglich ist. Mein Ziel ist es dabei, in erster Linie, Ideen zu verwirklichen, die mir sinnvoll erscheinen und möglichst auch anderen Menschen etwas geben können, das ist allerdings sekundär. Damit habe ich eine Beschäftigung, der ich nachgehen kann. Und da ich die Möglichkeit habe, meine Leidenschaft als Beruf auszuüben, erscheint mir mein eigenes Dasein in dieser Welt als sinnvoll.

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