Das Abbild vom Abbild vom Abbild von Realität.
Ist Realität ohne das Original überhaupt noch wichtig, oder sollte man Pop-Art Künstler fragen?
»Die Massenproduktion von Bildern unterminierte die Einzigartigkeit des einzelnen Bildes und stellte die Besonderheit der Kunst in Frage.«1
Doch was macht das Kunstwerk im Auge des Betrachters zu etwas einmaligem? Walter Benjamin verwendet in seinem Essay »Das Kunstwerk im Zeiten seiner technischen Reproduzierbarkeit« den Begriff der ,Aura‘. Er vergleicht die Aura eines Kunstwerkes mit der Ganzheitlichkeit eines Naturerlebnisses wie beispielsweise einem Sonnenuntergang.
Sie rührt von dem Ursprung des Kunstwerks, also seiner Tradition her. Kunst kann man laut Benjamin nicht entkoppelt von ihrer Ritual- oder Kultfunktion betrachten, wo sie ihren ersten Gebrauchswert hatte. Durch die technische Reproduzierbarkeit verlagerte sich das Schaffen von Kult und spirituellen Atmosphären mit Hilfe des künstlerischen Ausdrucks, hin zum Schaffen von Kunst zum Zwecke der Präsentation.
Nach Böhme wird mit der modernen Massenkultur (dem »american way of life«) also „durch Film und Fernsehen, durch die Allgegenwart von Musik, durch die Vermischung von Information und Werbung und durch die Inszenierung der Alltagswelt“2 Macht ausgeübt. Dies ist jedoch keine politische Macht, sondern vielmehr eine ökonomische. Die sogenannte „Kulturindustrie“ widmet sich dabei der Inszenierung von Waren, vom Image und von Öffentlichkeit. Es werden nicht mehr die Produkte an sich, sondern ganze Lebensstile verkauft. Je wohlhabender eine Gesellschaft ist, desto schwieriger wird es etwas Besonderes, etwas Einzigartiges zu erwerben. Hier kommt das Design ins Spiel. Es inszeniert Produkte, welche zu Statussymbolen werden. Sie haben keinen Gebrauchswert, sondern einen Verkaufswert bekommen. Sie treten an die Stelle des Kunstwerks und haben die Funktion erhalten, Atmosphären zu erzeugen und zu einem Stil beizutragen. Aber was sind die Kriterien für ein »authentisches Kunstwerk«? Böhme nannte in seinem Essay zur neuen Ästhetik folgende Punkte: Authentizität, Ausgewogenheit und Notwendigkeit des Werks, Originalität und Aussagefähigkeit des Produkts. Alles andere ordnet sich in die Kategorie des Kitschs ein. Kitsch führt dem Betrachter vor Augen was ihm bereits bekannt ist und löst damit auf die einfachste Weise Emotionen aus. Adorno bezeichnet Kitsch als »Verkennung ästhetischer Sinnzusammenhänge«, als »verwesendes Ornament« oder als »der unverfälschte Ausdruck des Verfalls aller Kultur zur Massenkultur in der Moderne«. Kitsch ist Reproduktion und Massenware.
Mit der Frage nach Massenreproduktion, Aura und Authentizität beschäftigten sich vor allem Pop-Art Künstler wie Andy Warhol.
Warhol bezieht eine komplett kontrastierende Stellung zu der Einzigartigkeit der Kunst: nach Baudrillard entfernt Warhol das Imaginäre – Die Aura – aus einem Bild um es zu einem reinen visuellen Produkt zu machen. Damit führt er uns die Illusion der Technik vor Augen und befreit uns von der Affektiertheit der Kunst, welche vorher immer eine Aura oder Atmosphäre erzeugen musste um überhaupt als Kunst zu gelten. Dem reproduzierten Bild gelingt es seine Künstlichkeit zu bewahren indem es sich von allen Bedeutungen befreit und zum Fetisch wird. Durch die Massenhafte Reproduktion eines Bildes entziehen Pop-Art Künstler dem Bild jegliche Atmosphäre und stellen die Kritik an das Medium in den Fokus.
Bei Warhol stand immer das Streben nach Bedeutungslosigkeit im Mittelpunkt. Bedeutungslosigkeit verbindet die Dinge mit einander. Die Tatsache dass es keine Aussage in Warhols Bildern gibt, verleiht ihnen ihre Kraft.
Er bricht mit allen Interpretationsversuchen denn jedes Bild ist gleichwertig: gleich gut oder gleich schlecht, gleichermaßen eine Illusion.
1 Sublin, Stefana: Andy Warhol, S.7.
2 Böhme, Gernot: Atmosphäre. Essays zur neuen Ästhetik. Berlin 2013, S. 44-45